Restaurantkritik: Viel Holz, viel Fleisch

Das «Weisse Kreuz» in Lyss ist wahrlich ein Ort, an dem sich die Wege der unterschiedlichsten Geniesser kreuzen. 

Das Restaurant ist unterteilt in die gepflegte «Kreuzstube» und die rustikale «Schwiizerstube» – dementsprechend umfangreich ist auch das Angebot.

Wir haben einen Tisch in der «Schwiizerstube» reserviert, und die macht ihrem Namen alle Ehre. Viel Holz, Motive von Albert Anker an den Wänden, rotweisse Tischdekoration und Fenster, die direkt aus einem Oberländer Bauernhaus zu stammen scheinen.

Die äusserst zuvorkommende und aufmerksame Bedienung empfiehlt uns zum Apéro einen 2013er Ligerzer Kirchwein (1 dl à 6.10 Franken) von Erich Andrey. Fruchtig, spritzig, frisch – ein gelungener Auftakt. Leider sind wir an diesem Abend die einzigen Gäste in der Stube. Dem Genuss tut das aber keinen Abbruch.

Zwei Speisekarten stehen zur Auswahl: eine «Schwiizercharte» und eine Grillkarte. An der Erstgenannten wird der Liebhaber der währschaften Küche seine wahre Freude haben. Sämtliche Gerichte sind in Berndeutsch aufgelistet. Von «Hörnli mit Ghacktem u Öpfumues» (19.50 Franken) und «Schwynsprägu vo Grossaffoutere» (23.50 Franken) ist bis zum «Raclette bis gnue hesch» (29.50 Franken) alles zu haben. Auf der Grillkarte dominiert logischerweise das Fleisch: Da gibt es den Kreuz-Spiess mit Schwein, Rind und Poulet (25.50 Franken), Lammrückenfilet (31.50 Franken), oder gar einen gemischten Grillteller für 31.50 Franken. Wir entscheiden uns jedoch für das Angus-Entrecôte vom heissen Stein (200 Gramm für 36 Franken).

Während wir auf das Essen warten, bleibt uns ein wenig Zeit, die Weinkarte zu studieren. Diese ist äusserst erlesen und umfangreich, dementsprechend schwer tun wir uns mit der Entscheidung. Unsere Wahl fällt schliesslich auf den Col di Sasso 2010 von Castello Banfi (38.80 Franken die Flasche). Kräftig und vollmundig mit einer angenehm würzigen Note – genau so, wie wir es mögen.

Das lauter werdende Zischen von Fleisch auf heissem Stein kündigt den Hauptgang an. Der kulinarische Showeffekt dieser Zubereitungsmethode mag etwas für sich haben, doch leider zeigt sich nun auch ein Nachteil: Gut gelagertes Fleisch wie das Irish Angus Beef weist eine dichte Marmorierung mit Fett auf, ein Grund, weshalb Fleischstücke dieser Art in Steakhäusern nach dem Anbraten bei niedriger Temperatur nachgegart werden. Beim heissen Stein entfällt dieser Schritt, was wie in unserem Fall einige zähere Fettstücke zur Folge hat. Dennoch, das Fleisch überzeugt geschmacklich, die Pommes frites als Beilage sind tadellos. Die zum Fleisch gereichte Chimichurri-Sauce überzeugt dagegen nicht.Zu dominant ist der Geschmack von Ketchup.

Die Dessertkarte hätten wir links liegen gelassen (nur eine Auswahl an Coupes), wären da nicht die Tagesempfehlungen. Eine Mousse au Chocolat auf Himbeerspiegel (12 Franken) soll es sein. Nur fehlt besagter Himbeerspiegel leider, und der Mousse hätten noch ein paar Stunden im Kühlschrank gutgetan. Dennoch: geschmeckt hat es.

«Weisses Kreuz» Lyss

Karte: Eine Schweizer Karte mit währschaften Gerichten und eine Grillkarte.

Preis: Hauptgang zwischen 15 und 40 Franken, Grillkarte zwischen 30 und 60 Franken.

Ambiance: Rustikal, urchig, gemütlich. 

Kundschaft: Querbeet. Sowohl Liebhaber von gegrilltem Fleisch als auch Anhänger der währschaften Küche. 

Aufgefallen: Die sehr umfangreiche Weinkarte. 

Info: Marktplatz 15, 3250 Lyss. Tel 032 387 07 40, www.kreuzlyss.ch;

Öffnungszeiten: Mo bis Fr 7 bis 23.30 Uhr, Sa 7.30 bis 23.30 Uhr, So 8–22.30 Uhr.

(Bieler Tagblatt, 04.08.14)