Mö oder Muh, so macht die Kuh. Als das «Mö» im letzten August seine Tore an der Aarbergstrasse öffnete, geschah dies mit einem klaren Ziel: Die neue Bieler Steak-Hochburg zu werden.
Das wird spätestens beim Betreten des Lokals klar: Viel dunkles Holz – typisch Steakhaus eben – Kuhskulpturen in allen Variationen, Kuhfellteppiche am Boden. Um es vorwegzunehmen: Will das «Mö» tatsächlich Anspruch auf die Bieler Fleischkrone erheben, muss es noch viel lernen. Eine Schilderung des Testessens liest sich wie eine Chronologie des Scheiterns: Gleich beim Betreten des Restaurants werden wir von der blutjungen Bedienung erstmal ignoriert, obwohl der Gastraum mit zwei besetzten Tischen alles andere als überfüllt ist. Endlich am Tisch angelangt, wird uns eine nur auf Französisch gehaltene Speisekarte überreicht – die deutsche Version ist nur auf der Website einsehbar – die auf ein übergrosses, unhandliches Klemmbrett geheftet ist, das an den Ecken bereits erste Zerfallserscheinungen aufweist. Als Aperitif ordern wir einen namenlosen Chasselas (4 Franken das Glas), dessen Herkunft der interessierte Gast leider nicht erfährt, da nicht deklariert. Weil das Licht im Restaurant derart gedämpft ist, mutiert die Auswahl der Speisen fast zu einem Sehtest. Die Karte hält Erwartbares bereit; Tatars, Burger, Steaks.
Nun gut. Als Vorspeise lockt uns eine in der Schweiz noch viel zu selten angebotene Delikatesse, «Os à moelle»(15 Fr.), ein im Ofen gegarter längs halbierter Rinderknochen, dessen köstliches Mark mit Fleur de Sel auf geröstetem Brot zu höchstem Genuss vereint wird. An den Tisch gelangt jedoch nur eine Portion. Die zweite ist einfach durch Salat ersetzt worden. Als die Bedienung auf den Fehler hingewiesen wird, ordert sie zwar umgehend das ursprünglich gewünschte Gericht, den irrtümlich gebrachten Salat lässt sie allerdings auf dem Tisch stehen. Immerhin: Als der Markknochen schliesslich serviert wird, überzeugt er durch intensives, fast zur Essenz gebündeltes Rindfleischaroma, köstlich! Leider steckt in sämtlichen Cherrytomaten, die Teil der Dekoration sind, noch der ungeniessbare grüne Stiel. Als Hauptgericht haben wir eine Côte de Boeuf (46 Franken) und eine grosse Portion Rindstatar mit Trüffelöl und Parmesansplittern (44 Franken) bestellt. Dass zum Genuss des Steaks entsprechendes Schneidewerkzeug benötigt wird, merkt man erst Sekunden vor dem Eintreffen des Fleisches.
Der nichtbestellte Salat steht übrigens immer noch auf dem Tisch. Das saignant gewünschte Rinderkottelet erweist sich leider als hart an der Grenze zu bien cuit und ist irritierenderweise mit Bärlauch bestreut. Auch geschmacklich lässt das Fleisch etwas zu wünschen übrig. Es mangelt ganz klar an Intensität. Die dazu gereichten Pommes allumettes und das Mischgemüse sind in Ordnung, leider auch hier wieder mit nicht entstielten Tomaten. Das Tatar, serviert mit Allumettes, überzeugt. Nicht zu fein von Hand geschnitten und mit wohldosiertem Einsatz des Trüffelöls, schmeckt es durchaus. Am dazu gereichten namen- und heimatlosen Pinot Noir (6.50 Franken das Glas) ist wenig auszusetzen. Das Lokal ist mittlerweile bis auf den letzten Platz gefüllt, was zur Folge hat, dass man wegen des hohen Lärmpegels fast schreien muss, um sich noch unterhalten zu können.
Ziemlich unangenehm ist auch die Völkerwanderung, die hinter dem eigenen Rücken stattfindet. Da die Klientel an diesem Abend wohl nur aus grossen Gruppen junger Tabakkonsumenten besteht, strömt diese unentwegt nach draussen, um dem Zigarettengenuss zu frönen. Da der Saum eines Kuhfellteppiches zudem nicht glattgebügelt ist, spielen sich wiederholt Stolperszenen ab, die auch in «Dinner for One» hätten gezeigt werden können. Immerhin, der Insalata non grata ist endlich verschwunden. Das Dessert – Moelleux au Chocolat mit Himbeersorbet (15 Franken) und karamellisierter Birnenstrudel an Vanillesauce und, Karamell-Eis mit gesalzener Butter (13 Franken.) – auf das wir fast eine Stunde warten müssen, ist ordentlich. Den Abend vermag es aber nicht mehr zu retten.
Restaurant «Mö»
Philosophie der Pächter: «Mö, das Fleischrestaurant, wo die Kuh Königin ist.»
Service: War leider nicht sehr aufmerksam. Wirkte recht unerfahren und nicht sehr souverän.
Mein Fazit: Das «Mö» muss noch vieles verbessern, um Biels Fleischtempel Nr. 1 zu werden. nbo
Info: «Mö» Restaurant & Bar, Aarbergstrasse 99, 2500 Biel. Tel. 032 322 32 47. Offen: Di bis Sa, 11 bis 14 und 17 bis 23 Uhr. www.le-mo.ch/de/.
(Bieler Tagblatt, 12.03.2016)