Scharfmacher: Spiel mit dem Feuer

Mehr als einfach nur scharf – das Angebot an Chilisaucen ist heute fast unüberschaubar. Hotsaucen-Profi Jean-Paul Peronace gibt Tipps für die Zubereitung zu Hause.

Die Nase läuft, der Schweiss rinnt, Atemnot und auf der Zunge ein brennender Schmerz – und trotzdem dieses Glücksgefühl. Diese Erfahrung macht jeder, der sich dem Genuss scharfer Chilis hingibt. Dass dieses feurige Vergnügen längst nicht mehr eingefleischten Schärfe-Enthusiasten vorbehalten ist, zeigt nicht zuletzt das kaum mehr zu überblickende Angebot an sogenannten Hotsaucen. Von leicht würzigem Tabasco bis hin zu Extraktsaucen aus mörderisch scharfen Naga-Jolokia-Chilis ist mittlerweile fast alles zu haben.

Scharf essen will gelernt sein

Einer, der in diesem pikanten Geschäft ganz vorne mitmischt, ist Hotsaucen-Profi Jean-Paul Peronace (42). Im vergangenen April gewann er mit einer seiner Kreationen die Silbermedaille in der Kategorie «hot» bei den «World Hot Sauce Awards» in den USA. Obwohl Peronace das Saucengeschäft eigentlich nur hobbymässig betreibt, liess er über 160 Konkurrenten aus 14 Ländern hinter sich. «Ich esse scharf, seit ich zwölf bin», sagt der Grenchner mit den kalabrischen Wurzeln, der das pikante Prickeln von Peperoncini auf der Zunge früh lieben gelernt hat.

Auf die Sorte kommt es an

Das Zubereiten von scharfen Saucen sei etwas ungemein Kreatives: «Das ist keine exakte Wissenschaft. Wer eine Zutat lieber mag, gibt eben etwas mehr davon in die Mischung.» Ein paar wenige Grundregeln gilt es aber zu beachten: das Zusammenspiel der drei Hauptkomponenten Schärfe, Frucht und Säure. Die Wahl der richtigen Sorte ist dabei entscheidend. «Es gibt Chilis, die sind einfach nur scharf, haben aber kaum Eigengeschmack.» Für seine hier vorgestellten Rezepte verwendet Peronace gelbe Lemon-Drop-Schoten, die über ein ausgeprägtes Zitrusaroma verfügen, fleischige Jalapeño-Chilis sowie tropisch-fruchtige, aber extrem scharfe Habaneros. Für die Fruchtnote sei es wichtig, möglichst reife Früchte zu verwenden. Diese würden der Sauce ein prägnanteres Aroma verleihen und für einen Hauch Süsse sorgen. Denn: «Kristallzucker hat in einer guten Hotsauce nichts verloren.» Essig verleiht der Mischung eine schöne Säure und erhöht die Haltbarkeit. Man solle sich jedoch hüten, zu irgendeinem billigen Kräuter- oder Weinessig zu greifen. Das würde zu stark herausstechen. Fruchtbetonte Sorten wie etwa Apfelessig harmonieren hingegen bestens mit der Süsse und Schärfe.

Vorsicht ist geboten

Natürlich – wer über jedes Essen dieselbe Hotsauce träufelt, begeht nicht direkt einen kulinarischen Fauxpas. Ihm entgeht jedoch einiges. Gewisse Saucen scheinen für die Vermählung mit bestimmten Speisen geradezu prädestiniert. Die pikante Jalapeño-Avocado-Sauce ist eine traumhafte Ergänzung eines jeden Hamburgers, besonders, wenn geschmolzener Cheddarkäse im Spiel ist. Grossartig zu gebratener Entenbrust mit knuspriger Haut passt etwa die fruchtig-milde Chilisauce. Oder ein paar Spritzer davon über ein paar richtig reife Tomaten, dazu eine Prise Fleur de Sel und der Hochgenuss ist garantiert.

Etwas Vorsicht ist allerdings geboten: Wer mit den scharfen Schoten hantiert, sollte unbedingt Handschuhe tragen. Ein versehentlicher Griff ins Auge würde ansonsten schmerzlich in Erinnerung bleiben. Und wenn man es mit der Schärfedosis übertrieben hat? «Bloss kein Wasser trinken», rät Peronace. Das mache es nur noch schlimmer. Der Verzehr von Naturejogurt oder Brot könne das Chilifeuer auf der Zunge recht gut löschen. Oder aber man hält das Brennen einfach aus – und geniesst den Schmerz.

(Coopzeitung, 13.09.2016)